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Der Unterwasser-C64 (U64)

Der U64-Artikel in der Süddeutschen Zeitung

Die Süddeutsche Zeitung berichtete im NRW-Lokalteil über die HobbyTronic 2002 in Dortmund. Am Anfang des Artikels wird auch der U64 erwähnt. Leider wurde der Artikel nie von der SZ online gestellt, dafür haben wir ihn jetzt als überarbeitete HTML-Version hier zum Lesen.


Markt der Unmöglichkeiten
Auf der "Hobby Tronic" feilschten die Einen um PCs, die Anderen werfen C64-Computer ins Wasser

Von Christina Katz

Dortmund - Mitten in der Flut digitaler Wunderwelten behauptet sich die elektronische Steinzeit: Der Witterner Computer Club holt den Commodore 64 zurück ins Rampenlicht. Denn der Nostalgie-Rechner feiert in diesem Jahr seinen 20. Geburtstag. "Klar, zuerst werden wir von den Ausstellern der anderen Stände belächelt", meint Stefan Zelazny schulterzuckend. Dann verschrängt er die Arme vor der Brust und sagt siegessicher: "Aber wenn ich denen zeige, was das Ding alles kann, lächeln sie nicht mehr." Sie, das sind 170 kommerzielle und rund ein Dutzend ideelle Aussteller, die sich bei der 25. "HobbyTronic", der Messe für PCs, Software, Funk und Elektronik, bis zum Sonntag zwei der Dortmunder Westfalenhallen teilen. Rund 60 000 Besucher, meist junge Männer, wühlten sich durch das Meer an Schnäppchen, Neuheiten und Luxuszubehöre.
    Der C64 steht dazwichen wie ein Fels in der Brandung. Damit der Wittener Club überhaupt wahrgenommen wird, musste eine Attraktion her: Das gute Stück wird in destilliertem Wasser angeschmissen und funktioniert. "Alle drei bis vier Stunden reinigen wir die Platine. Die rostet schließlich", erklärt Zelazny. Hat der Tüftler die Besucher erst mal an den Stand gelockt, erzählt er flugs vom "Originalfeeling des C64". Er vergleicht den Joystick mit dem Lenker eines Oldtimers. "Die heutigen PCs versteht doch keiner mehr. Wenn etwas kaputt ist, muss erst der Fachmann ran. Bei meinem C64 weiß ich sofort, was los ist."
    Was zu Hause los ist, soll ab sofort auch der Urlauber am Strand von Mallorca wissen. Per Handy schickt ihm seine Alarmanlage eine SMS: Einbrecher im Anmarsch. Der Urlauber verständigt die Polizei und nippt weiter an seinem Pina Colada. Die Technische Fach-hochschule Bochum (TFH) ermöglicht dieses mit einem Experimentalboard, das Daten und Steuerbefehle über ein Handy oder das Internet senden und empfangen kann. 208 Euro kostet das Board und funktioniert mit zwei beleibigen Handys oder einem Mini-Web-Server. "Das ist ein transparentes Produkt, weil die Anwender auf eigene Nutzungsideen kommen können", sagt Professor Bernd vom Berg vom Fachbereich Elektrotechnik der TFH Bochum. "Getränkeautomaten bestücken, die Temperatur der Tiefkühltruhe überwachen, die Rollladen zu Hause herunterlassen - alles denkbar."
    An den Ständen der Billig-anbieter geht es hoch her.

Zeitungsbild
Die Computerschau stellte PCs, Elektronik und digitale Kunst vor. Foto: dpa
Dicht gedrängt stehen die Schnäppchen-jäger vor Computermarktschreiern: "Und das Spiel und diese Netzwerkkarte und diesen Adapter, bekommen sie alles kostenloas dazu, nur heute, insgesamt für sensationelle 10 Euro, greifen sie zu." Zwischen Halle vier und fünf drängen sich ähnlich viele Besucher. Dort steht der Geldautomat.
    Ein Ruhepol dagegen der Stand der Firma "Beste Messeneuheiten". Ilknur Kargin steht dort mit bezauberndem Lächeln und präsentiert eine Weltneuheit namens "EyeMax-Brille". "Anfangs kitzelt sie ein bisschen an der Nase. Das lässt aber nach", versichert die Fachfrau. Die Brille sitzt dicht am Kopf und massiert mit 22 vibrierenden Fühlern, die mit Magneten bestückt sind, spezielle Akupunkturpunkte rund um die Augenpartie. Bei Kopf-schmerzen, Schlafproblemen, Büroarbeit, Augenfalten und überanstrengung soll die Massagebrille Wunder wirken. 200 Stück hat die Firma mit nach Dortmund gebracht und Kargin glaubt nicht, dass sie noch welche mit zurück nehmen wird. Knapp 50 Euro kostet eine solche Wunderbrille.
    Wer die Westfalenhallen voll bepackt verließ, war nicht immer glücklich mit seiner Ausbeute. Ein Computerfreak klagt zusammen mit seinem Kumpel über die Preise und gesteht: "Eigentlich darf man hier erst sonntags um fünf Uhr hinkommen. Dann muss man nicht mehr aufs Geld gucken, sondern nur abschätzen, wie viel man tragen kann. Aber mann kann ja nie so lange warten", sagt er und sein Kumpel nickt dazu verständnisvoll.

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